JOE Festival 2019 auf Carl

Recklinghäuser Zeitung 21.01.2019
Stefan Pieper:

Improvisierte Musik ist zeitlos! 

Eine äußerst zufriedene Bilanz ziehen Konnie Vossebein, Patrick Hengst und Christian Ugurel, die zusammen das neue Leitungsteam vom JOE-Festival bilden. Dieses hat bei seiner 23. Ausgabe in der Zeche Carl ein brillantes Debut am neuen Standort hingelegt! Nicht nur beim „Headliner“-Konzert mit dem Bobo-Stenson-Trio waren die Ränge bis auf den letzten Platz gefüllt…

So erhaben und kultiviert die drei Musiker aus Schweden aufspielten, wie wir es von den einschlägigen Platten seit Jahrzehnten kennen – die wirklich aufregenden, frischen Akzente setzten in der Zeche Carl und in der Alten Kirche Altenessen als Nebenschauplatz andere! 

Etwa der Brite Kit Downes, der sich nach eigenen Worten wie in einem „großen Raumschiff“ wähnt, als er auf der neurestaurierten Orgel in der Alten Kirche sphärische Harmonien zu spektralen Mustern vereint und daraus ungeahnte Eigenkreationen gen Himmel schickt. Improvisierte Musik ist zeitlos – und bekommt unter den Händen dieses Briten eine Aura von Ewigkeit!

Die Essener Festivalmacher holten einmal mehr die mutigsten Ideengeber und kompromisslosesten Instrumentenbeherrscher nach Essen: Der Berliner Schlagzeuger Christian Lillinger vernetzt sein omnipräsentes Spiel mit seinen kongenialen Mitstreitern im neuen Quartett „qöölp“. Ganz groß sticht hier der irrwitzige Violinist Theo Ceccaldi heraus, der als ganz besonders starke Entdeckung dieses Festivals nachhaltig in Erinnerung bleibt! 

Fröhlich und direkt drauflos spielen, dabei ein bestechendes spieltechnisches Vokabular in den Dienst der unmittelbaren Sache stellen – so etwas demonstrieren viele beim JOE-Festival, vor allem aber ein vor Spiellust sich überbietendes Duo aus New York: Man nimmt dem Saxofonisten Bill Mc Henry und dem Schlagzeuger Joe Smith unmittelbar ab, dass sich die beiden jahrzehntelang im Central Park hinstellten und in gewitztem Drauflosspiel musikalisch aus ihrem Leben erzählen. 

Jazz muss nicht zwangsläufig in möglichst sportlicher Manier so viele Töne wie möglich freisetzen. Man kann auch mal den umgekehrten Weg gehen – und mit größtmöglicher Entschleunigung umso mehr Kopfkino stimulieren: In der Zeche Carl zog die Slow-Motion-Musik der Formation „piepen en kraken“ in tiefe meditative Bewusstseinszutände hinein! 

WAZ/NRZ 22.01.2019
Sven Thielmann:

„Lauter glückliche Gesichter nach drei Tagen Jazz auf Carl.“

„[entdeckungswürdiges Programm] in cooler Location […]“

„That´s my Festival!“ – Joe Smith

„[…] ebenfalls erfreulich gut besuchte Samstag.“

„Was bleibt, ist die Erinnertung an drei tolle Tage mit JOE auf Carl.“

Silver Voices

Angela Petersen, Essen on Top, 12/17

SilverVoices_EssenOnTop

Betonmusik

Stefan Pieper, Recklinghäuser Zeitung, 9.12.2016
Hier bringt nichts so schnell die Mauern zum Erbeben. Im Essener Goethebunker laufen Konzerte, die auch mal hart, laut, schroff, experimentell und nicht gefällig sind. Möglich macht es die Jazzoffensive Essen – unter anderem in ihrer Reihe „Betonmusik“. Die Jazzoffensive Essen bereichert seit nunmehr fast 20 Jahren mit musikalischen Ereignissen in der Ruhrgebietsmetropole. Alles rein ehrenamtlich.
Aktuell kann sich der Verein über eine zukunftsweisende öffentliche Förderung freuen: Ab 2017 wird die Jazzoffensive institutionell und eben nicht nur als temporäres „Projekt“ vom Kulturamt finanziell unterstützt. Es muss also nicht jedes Jahr ein neuer Antrag auf einmalige Projektförderung gestellt werden. Das gibt Sicherheit – und ist wichtig. Denn Konzerte mit internationalen Künstlern brauchen nun mal eine sehr lange Vorlaufzeit. Gut ist das auch für die jährlichen Festivals der Jazzoffensive JOE und „Free Essen“ sowie die Sessions in der Lichtburg, die populäre Trinkhallen-Tour, die Reihen Betonmusik sowie „Soundtrips NRW“. Jetzt steht erst mal der jazzige Höhepunkt bevor: Vom 19. bis 21. Januar steigt das JOE-Festival – u.a. mit dem Trio der Jazz-Harfenistin Kathrin Pechlof, der hoffnugsvollen Newcomer-Band „Der weise Panda“.

Jennifer Schumacher, WAZ.de, 5.2.2016
Die noch junge Reihe „Betonmusik“ der Jazz-Offensive Essen möchte sich auf keinen Stil festlegen. Teil sieben unserer Serie „Hier spielt die Musik“.
Trotz niedriger Decken und dicker Mauern ist die Klangqualität im Bunker überraschend gut. „Mich hat dieser Ort von Anfang an fasziniert“, sagt Patrick Hengst, Vorsitzender der Jazz-Offensive Essen (JOE). „Betonmusik“ tauften Hengst und seine Mitstreiter die Reihe, die seit dem vergangenen Jahr jeden ersten Mittwoch im Monat den Bunker an der Goethestraße belebt. Experimentierfreudig wolle man sein, sich auf kein Genre festlegen. „Es gibt hier also nicht nur improvisierten Jazz “, sagt Hengst, der ebenso wie seine Musikerkollegen an der Folkwang-Universität studierte.
Tanzfläche als Zuschauerraum
Wo sonst am Wochenende bis in den Morgen getanzt, geflirtet und gefeiert wird, sind an diesem Abend ein paar Stuhlreihen aufgebaut worden, die sich nur langsam füllen. „Beim letzten Mal waren 50 Leute da“, erzählt Patrick Hengst, „im Schnitt kommen 20 bis 40 Gäste.“ Tatsächlich trifft das Konzert an diesem Abend sicherlich nicht den breiten Massengeschmack und zieht vor allem treue Fans der kleinen aber feinen Essener Jazz-Szene an.
„Popularmusik, Singer-Songwriter-Bands oder eben Jazz, denkbar ist hier alles. Wir wollen aber immer überraschen und nicht austauschbar sein“, erklärt Patrick Hengst. Dabei fügt sich die vergleichsweise neue Reihe in die „Soundtrips NRW“ ein, die die Jazz-Offensive schon länger Im Goethebunker organisiert. Unterstützt durch das Landes-Kultursekretariat, werden mehrmals im Jahr internationale Künstler verpflichtet, die in aktuell 14 beteiligten Städten spielen. Zusätzlich werden sie durch regionale Musiker unterstützt.
Warum Essen eine weitere Reihe wie „Betonmusik“ brauche, diese Frage stellt sich für den passionierten Jazzmusiker natürlich nicht: „Es ist schön, selbst etwas auf die Beine zu stellen und die Live-Musikszene hier weiter zu beleben.“

JOE Festival

Stefan Pieper, NRWjazz.net
“Die kreative Vielfalt, das künstlerische Niveau der Ausführenden und der aufgeschlossene atmosphärische Rahmen, den auch wieder die 20. Festivalausgabe bot, verdiente eigentlich viel mehr Publikum – vor allem wenn man die Größe dieses Festival-Standortes, nämlich die Ruhrgebietsmetropole Essen in Betracht zieht. Jazz in Essen und anderswo braucht einfach mehr überregionale Publicity!“

Sven Thielmann (WAZ, 18.01.2016)
“Zahlen sind Schall und Rauch, der die Erinnerungen an den unrühmlichen Aussetzer zu Beginn des Jahrtausends gnädig vernebelt. Jedenfalls ist im 21. Jahr nach Gründung das JOE-Festival nun endgültig erwachsen. Vorbei die Zeiten juveniler Bühnenfestspiele für den heimischen Nachwuchs, denn längst ist der von der Jazz Offensive Essen präsentierte Konzertreigen als eine weit über das Ruhrgebiet hinaus bedeutsame Plattform für aktuelle europäische Entwicklungen etabliert. Was jetzt die 20. Ausgabe eindrucksvoll drei Tage lang im Katakomben-Theater unter Beweis stellte.
Die vielleicht schönste Anerkennung für ihr seit Jahren sorgsam komponiertes Programm bekamen die beiden Festival-Macher John-Dennis Renken und Patrick Hengst diesmal vom Kulturbüro der Stadt Essen. Denn dieses erhöhte erfreulicherweise seine JOE-Förderung – „Das ist nicht selbstverständlich in Zeiten klammer Kassen“, wie Renken zurecht anmerkte. Investiert wurde aber traditionsgemäß nicht in teure Stars, sondern in entdeckungswürdige Orchester, Combos und Solisten quer durch die Republik und darüber hinaus.
Spiel mit reizvollen Kontrasten
… Stark „Superimpose“ mit wundersam freien Klängen, die Matthias Müller auf der Posaune gegen Christian Mariens raffinierte Rhythm-Pattern setzte, und schlicht hinreißend die heimischen Combos „FC Fritsche“ und „Pep Ventura“, die beide duftige Saxophon-Linien mit delikaten Tasten-Abenteuern und packenden Grooves zu erfrischend modernen Klängen von unaufgeregter Originalität verbanden und dafür mit lautstarkem Jubel belohnt wurden…
Schließlich spielten der Bassklarinettist Louis Sclavis und sein Duo-Partner Vincent Courtois am Cello – präsentiert in Kooperation mit dem Deutsch-Französischen Kulturzentrum – außer Konkurrenz. Wie gelassen die beiden Stars miteinander tändelten und dabei herzergreifend schöne Melodien der „Folklore Imaginaire“ in betörenden Dialogen voller Zeit und Raum ausbreiteten, das war allerfeinster Kammer-Jazz auf Weltniveau. Und der krönende Abschluss des „20. JOE-Festival“, das als eines der besten in die Annalen eingehen wird.“

Free Essen

jazzhalo.be
“Zu den bekannten Musikern der Essener Jazzszene gehört der Schlagzeuger Simon Camatta, der zum neunten Mal (sic!!!) zum Free Essen einlud. Drei Tage mit improvisierter, freier und Geräusch-Musik gespielt in unterschiedlichen Besetzungen wurde einer Schar von Liebhabern aktueller Musik geboten. Massenandrang konnte angesichts der sehr anspruchsvollen Musik nicht erwartet werden, und so kam ein exklusiver Kreis mit viel musikalischem Sachverstand im rot ausgeleuchteten Bunkerspielort zusammen. Eigentlich fehlte nur der aufsteigende Rauch aus zahlreichen gefilterten und ungefilterten Zigaretten, denn irgendwie erinnerte das Ambiente des Goethebunkers an Clubs der späten 1960er und 1970er Jahren.“

Sven Thielmann (WAZ)
“Eine Meisterleistung kultivierter Improvisationskunst als kammermusikalisches Vergnügen.“

Soundtrips NRW

Rev-K-Stadtanz

Trinkhallen Tour Ruhr 2015

oh! Oberhausen, 30.07.15: „Trinkhallen Tour Ruhr: Kunst ,anne Bude’”
„Akkustische Grenzerfahrungen durch Sinuswellen, ungewöhnliche Interaktion mit dem Publikum und schräge Bassklarinetten-Improvisationsmusik: An Tulay Uz’ Kiosk auf der Steinbrinkstraße gab es am Mittwoch, 29. Juli, nicht nur Pils, Zigaretten und Bonbons, sondern auch zwei Perfomances fernab des Mainstreams.“
„Der neue Standort wurde gut angenommen. Rund 60 Besucher versammelten sich trotz des unbeständigen und kühlen Wetters rund um die Trinkhalle. Und erlebten mit dem deutsch-russischen Performance-Duo WEAROK und dem Bassklarinetten-Quartett ,Die Verwechslung’ zwei Acts, die bewusst provozieren und dadurch auch für einen Dialog zwischen Künstler und Publikum sorgen wollten. Ob Erheiterung, fragende Gesichter oder Stirnrunzeln: Aufmerksamkeit und anschließenden Gesprächsstoff erzeugten die Künstler bei den Gekommenen allemal. Womit das Ziel der Veranstalter erreicht sein dürfte!“

NRZ, 07.08.15: Jazzmusik an der Bude
“… Inzwischen stehen rund 70 bis 80 Menschen da und staunen ob der seltsam schrägen Töne. Manch einer schaut etwas irritiert, aber fast alle haben ein Lächeln im Gesicht. Das passt bestens zur Musik, denn die fünf Musiker ziehen mit Witz und Einfallsreichtum musikalische Klischees und Ohrwürmer durch den Kakao, malen aber auch zarte Klangfarben und lassen Respekt vor dem Original aufblitzen. Wer so improvisieren kann, muss die Musikgeschichte kennen, sein Instrument beherrschen und sich musikalisch was zu sagen haben. ,Die Verwechslung’ und Paul Hubweber können all das und dem Publikum gefiel’s.“

WDR Mosaik, Juli 15: Beitrag von Ulrich Land
„Die Trinkhalle, eine der letzten Ikonen des Ruhrpotts. Da, wo sonst quirlige Gerüchte-Girlanden in die Wolken steigen, spielen klassisch ausgebildete Musiker auf. ,Die Verwechslung’, wie sie sich nennen, die vier Bassklarinetten. Wo sonst auf zwei Fingern Stöckelschuhbeinen hinterhergepfiffen wird. Schlagwerk, wo längst kein Mottek, kein Vorschlaghammer mehr unten vor Kohle dröhnt. Elektronische Klänge, wo kein Hochofenabstich mehr rüberzischt. Musik jedoch, die gänzlich unverdächtig ist, der Sozialromantiker- Nostalgie zu frönen. Denn auf die imaginäre Bühne vor oder in der Bude – je nach Witterungsverhältnissen – treten Strukturwandel-Natives: junge Musiker, die das alte Montanindustrie-Revier nur auf dem absteigenden Ast, nur im Umbruch kennen. Und die bringen nicht das Steigerlied zu Gehör.“
„Verquere Musik. Nicht zum Zurücklehnen, Schunkeln, Mitsingen. Schließlich haben die ,Verwechslungen’ gleich zum Eröffnungskonzert Mitch aus Wuppertal eingeladen. Und der ist nicht gerade dafür bekannt, dass er muntere Verslein auf der Bank vorm Bergarbeiterhäuschen schnurrt. Er steht für rhythmische Klapper- Plapper-Lyrik, die komische Silben jazzt, bedeutungstragende Sprachelemente jeder Bedeutung enthebt.“

Freistil #62, August 15, Kurz & Gut
“Es sind angenehme 30 Grad im Schatten als Die Verwechselung mit vier Bassklarinetten und ihr Gast Alex Morsey mit seinem Sousaphon den kleinen Platz vor dem Kiosk im Essener Südviertel betreten.
Die dritte Woche der Trinkhallen Tour Ruhr ist angebrochen. Zwei Wochen lang sind Florian Walter, Felix Carlos Fritsche, Patrick Hagen und Markus Zaja schon durch die Kioske des Ruhrgebiets gezogen und haben von ihren Tagesgästen unterstützt Freie Improvisation unter das Volk gebracht. Seit fünf Jahren schon tun sie das mit Erfolg, drei Wochen lang im Sommer. Gespielt wird immer nach einer, vor dem Konzert erdachten Setliste. Die Titel des Programms stehen also schon vorher. Heute beginnt es mit der Overtüre aus Stahl, die auch gleich die Richtung des weiteren Verlaufs vorgibt. In den folgenden Stücken wabert und grummelt es tief, plöppt und zischt es gelegentlich. Ein sumpfige Sound fliesst auf das schwitzende Publikum zu. Kurze Rhythmen schaffen es an die Oberfläche, werden aber meist recht schnell geschluckt und hinunter gezogen. Kurz wird es lustig, als aus aktuellem Anlass, aber auch generell, ein hirnloses Internet Video der NPD seinen verdienten Spott abbekommt und ein sperriger Walzer daher stollpert um den Sumpf alles, nur nicht braun werden zu lassen. Das Publikum ist gemischt, trinkt Bier und schleckt Eis. Die Strassenbahn rollt vorbei und fügt so ihren Teil zum spannenden Gesamtklang bei. Ein schönes, kurzweiliges Konzert.“